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Ich sach mit minen ougen by Walter von der Vogelweide Lyrics

Genre: misc | Year: 1230

Ich sach mit minen ougen
manne und wibe tougen,
daz ich gehorte und gesach
swaz iemen tet, swaz iemen sprach.
ze Rome horte ich liegen
und zwene künege triegen.
da von huop sich der meiste strit
der e was oder iemer sit,
do sich begunden zweien
die pfaffen unde leien.
daz was ein not vor aller not,
lip und sele lac da tot.
die pfaffen striten sere,
doch wart der leien mere.
diu swert diu leiten si dernider,
und griffen zuo der stole wider.
si bienen die si wolten
und niht den si solten.
do storte man diu goteshus.
ich horte verre in einer klus
vil michel ungebaere;
da weinte ein klosenaere,
er klagete gote siniu leit:
"Owe der babest ist ze junc;
hilf, herre, diner kristenheit!"
Übersetzung:
Ich sah mit meinen Augen
der Männer und der Frauen Heimlichkeiten,
so daß ich alles hörte und erblickte,
was auch immer einer tat, was auch immer einer sprach.
In Rom hörte ich lügen
und wie man zwei Könige betrog.
Davon erhob sich der heftigste Kampf,
der jemals war oder je wieder sein wird,
als sich Pfaffen und Laien
in zwei Parteien zu spalten begannen.
Das war ein Bedrängnis vor allen anderen Bedrängnissen:
Leib und Seele lagen da tot.
Die Pfaffen kämpften heftig,
aber die Laien kamen in die Übermacht.
Da legten sie die Schwerter nieder
und griffen wieder zu der Stola.
Sie bannten die, die sie zu bannen wünschten,
und nicht den, den sie hätten bannen müssen.
Da zerstörte man die Kirchen.
Ich hörte fern in einer Klause
gar großes Wehklagen;
da weinte ein Klausner,
er klagte Gott sein Leid:
"O weh, der Pabst ist zu jung;
hilf, Herr, deiner Christenheit!"