Woyzeck - Straße III Szene 20. by Georg Bchner Lyrics
Sonntag Nachmittags. Marie vor der Hausthür, ihr Kind auf dem Arm. Neben ihr eine Alte Frau. Kinder spielen auf der Straße.
Kleine Mädchen (gehen paarweise und singen):
Wie heute schön die Sonne scheint,
Wie steht das Korn im Blüh’n!
Sie gingen über die Wiese hin,
Sie gingen zwei und zwei.
Die Pfeifer gingen vorne,
Die Geiger hinterdrein,
Sie hatten alle rothe Schuh
Und gingen immer zu.
Erstes Mädchen. (tritt aus der Reihe). Was Anderes!
Alle. Was Anderes! Was?
Erstes Mädchen.. Ich weiß nit. Was Anderes!
Marie. Kommt — alle im Kreis (singt, die Kinder singen nach und drehen sich).
„Ringel, Ringel, Rosenkranz,
Ringel, Ringel!
Erstes Mädchen. (zur alten Frau). Großmutter, warum scheint heute die Sonn’?
Alte Frau.. Darum!
Erstes Mädchen.. Aber warum — darum?
Zweites Mädchen.. Großmutter, erzählt was!
Marie. Ja, erzählt was, Base.
Alte Frau. (erzählt). Es war einmal ein arm Kind und hatt’ keinen Vater und keine Mutter — war Alles todt und war Niemand auf der Welt, und es hat gehungert und geweint Tag und Nacht. Und weil es Niemand mehr hatt’ auf der Welt, wollt’s in den Himmel geh’n. Und der Mond guckt’ es so freundlich an, und wie’s endlich zum Mond kommt, ist’s ein Stück faul Holz. Da wollt’s zur Sonne geh’n, und die Sonn’ guckt es so freundlich an, und wie’s endlich zur Sonne kommt, ist’s ein verwelkt Sonnblümlein. Da wollt’s zu den Sternen geh’n, und die Sterne gucken es so freundlich an, und wie’s endlich zu den Sternen kommt, da sind’s goldene Mücklein, die sind aufgespießt auf Schlehendörner und sterben. Da wollt’ das Kind wieder zur Erde, aber wie’s zur Erde kam, da war die Erde ein umgestürzt Häfchen. Und so war das Kind ganz allein und hat sich hingesetzt und hat geweint. Hab’ nicht Vater noch Mutter, hab’ nicht Sonne, Mond und Sterne und nicht die Erde. Und da sitzt es noch und ist ganz allein.
Marie (drückt angstvoll ihr Kind an die Brust), Ach! wenn ich todt bin! Bas’, sie hat mir das Herz schwer gemacht. Mein armer Wurm! Wenn ich todt bin!
Kleine Mädchen (gehen paarweise und singen):
Wie heute schön die Sonne scheint,
Wie steht das Korn im Blüh’n!
Sie gingen über die Wiese hin,
Sie gingen zwei und zwei.
Die Pfeifer gingen vorne,
Die Geiger hinterdrein,
Sie hatten alle rothe Schuh
Und gingen immer zu.
Erstes Mädchen. (tritt aus der Reihe). Was Anderes!
Alle. Was Anderes! Was?
Erstes Mädchen.. Ich weiß nit. Was Anderes!
Marie. Kommt — alle im Kreis (singt, die Kinder singen nach und drehen sich).
„Ringel, Ringel, Rosenkranz,
Ringel, Ringel!
Erstes Mädchen. (zur alten Frau). Großmutter, warum scheint heute die Sonn’?
Alte Frau.. Darum!
Erstes Mädchen.. Aber warum — darum?
Zweites Mädchen.. Großmutter, erzählt was!
Marie. Ja, erzählt was, Base.
Alte Frau. (erzählt). Es war einmal ein arm Kind und hatt’ keinen Vater und keine Mutter — war Alles todt und war Niemand auf der Welt, und es hat gehungert und geweint Tag und Nacht. Und weil es Niemand mehr hatt’ auf der Welt, wollt’s in den Himmel geh’n. Und der Mond guckt’ es so freundlich an, und wie’s endlich zum Mond kommt, ist’s ein Stück faul Holz. Da wollt’s zur Sonne geh’n, und die Sonn’ guckt es so freundlich an, und wie’s endlich zur Sonne kommt, ist’s ein verwelkt Sonnblümlein. Da wollt’s zu den Sternen geh’n, und die Sterne gucken es so freundlich an, und wie’s endlich zu den Sternen kommt, da sind’s goldene Mücklein, die sind aufgespießt auf Schlehendörner und sterben. Da wollt’ das Kind wieder zur Erde, aber wie’s zur Erde kam, da war die Erde ein umgestürzt Häfchen. Und so war das Kind ganz allein und hat sich hingesetzt und hat geweint. Hab’ nicht Vater noch Mutter, hab’ nicht Sonne, Mond und Sterne und nicht die Erde. Und da sitzt es noch und ist ganz allein.
Marie (drückt angstvoll ihr Kind an die Brust), Ach! wenn ich todt bin! Bas’, sie hat mir das Herz schwer gemacht. Mein armer Wurm! Wenn ich todt bin!