Kabale und Liebe - 6. Szene 1. Akt by Friedrich Schiller Lyrics
Hofmarschall von Kalb in einem reichen, aber geschmacklosen Hofkleid, mit Kammerherrnschlüsseln, zwei Uhren und einem Degen, Chapeaubas und frisiert à la Hérisson. Er fliegt mit großem Gekreisch auf den Präsidenten zu und breitet einen Bisamgeruch über das ganze Parterre. Präsident.
Hofmarschall (ihn umarmend). Ah guten Morgen, mein Bester! Wie geruht? wie geschlafen? – Sie verzeihen doch, daß ich so spät das Vergnügen habe – dringende Geschäfte – der Küchenzettel – Visitenbillets – das Arrangement der Partieen auf die heutige Schlittenfahrt – Ah – und dann mußt' ich ja auch bei dem Lever zugegen sein und Seiner Durchleucht das Wetter verkündigen.
Präsident. Ja, Marschall, da haben Sie freilich nicht abkommen können.
Hofmarschall. Oben drein hat mich ein Schelm von Schneider noch sitzen lassen.
Präsident. Und doch fix und fertig?
Hofmarschall. Das ist noch nicht Alles. – Ein Malheur jagt heut das andere. Hören Sie nur!
Präsident (zerstreut). Ist das möglich?
Hofmarschall. Hören Sie nur! Ich steige kaum aus dem Wagen, so werden die Hengste scheu, stampfen und schlagen aus, daß mir – ich bitte Sie! – der Gassenkoth über und über an die Beinkleider spritzt. Was anzufangen? Setzen Sie sich um Gotteswillen in meine Lage, Baron! Da stand ich. Spät war es. Eine Tagreise ist es – und in dem Aufzug vor Seine Durchleucht! Gott der Gerechte! – Was fällt mir bei? Ich fingiere eine Ohnmacht. Man bringt mich über Hals und Kopf in die Kutsche. Ich in voller Carrière nach Haus – wechsle die Kleider – fahre zurück – Was sagen Sie? – und bin noch der erste in der Antichambre – Was denken Sie? –
Präsident. Ein herrliches Impromptu des menschlichen Witzes – Doch das beiseite, Kalb – Sie sprachen also schon mit dem Herzog?
Hofmarschall (wichtig). Zwanzig Minuten und eine halbe.
Präsident. Das gesteh' ich! – und wissen wir also ohne Zweifel eine wichtige Neuigkeit?
Hofmarschall (ernsthaft, nach einigem Stillschweigen). Seine Durchleucht haben heute einen Merde d'Oye Biber an.
Präsident. Man denke! – Nein, Marschall, so hab' ich doch eine bessere Zeitung für Sie – Daß Lady Milford Majorin von Walter wird, ist Ihnen gewiß etwas Neues?
Hofmarschall. Denken Sie! – Und das ist schon richtig gemacht?
Präsident. Unterschrieben, Marschall – und Sie verbinden mich, wenn Sie ohne Aufschub dahin gehen, die Lady auf seinen Besuch präparieren und den Entschluß meiner Ferdinands in der ganzen Residenz bekannt machen.
Hofmarschall (entzückt). O mit tausend Freuden, mein Bester! – Was kann mir erwünschter kommen? – Ich fliege sogleich – (Umarmt ihn.) Leben Sie wohl – in drei Viertelstunden weiß es die ganze Stadt. (Hüpft hinaus.)
Präsident (lacht dem Marschall nach). Man sage noch, daß diese Geschöpfe in der Welt zu nichts taugen – – Nun muß ja mein Ferdinand wollen, oder die ganze Stadt hat gelogen. (Klingelt – Wurm kommt.) Mein Sohn soll hereinkommen. (Wurm geht ab, der Präsident auf und nieder, gedankenvoll.)
Hofmarschall (ihn umarmend). Ah guten Morgen, mein Bester! Wie geruht? wie geschlafen? – Sie verzeihen doch, daß ich so spät das Vergnügen habe – dringende Geschäfte – der Küchenzettel – Visitenbillets – das Arrangement der Partieen auf die heutige Schlittenfahrt – Ah – und dann mußt' ich ja auch bei dem Lever zugegen sein und Seiner Durchleucht das Wetter verkündigen.
Präsident. Ja, Marschall, da haben Sie freilich nicht abkommen können.
Hofmarschall. Oben drein hat mich ein Schelm von Schneider noch sitzen lassen.
Präsident. Und doch fix und fertig?
Hofmarschall. Das ist noch nicht Alles. – Ein Malheur jagt heut das andere. Hören Sie nur!
Präsident (zerstreut). Ist das möglich?
Hofmarschall. Hören Sie nur! Ich steige kaum aus dem Wagen, so werden die Hengste scheu, stampfen und schlagen aus, daß mir – ich bitte Sie! – der Gassenkoth über und über an die Beinkleider spritzt. Was anzufangen? Setzen Sie sich um Gotteswillen in meine Lage, Baron! Da stand ich. Spät war es. Eine Tagreise ist es – und in dem Aufzug vor Seine Durchleucht! Gott der Gerechte! – Was fällt mir bei? Ich fingiere eine Ohnmacht. Man bringt mich über Hals und Kopf in die Kutsche. Ich in voller Carrière nach Haus – wechsle die Kleider – fahre zurück – Was sagen Sie? – und bin noch der erste in der Antichambre – Was denken Sie? –
Präsident. Ein herrliches Impromptu des menschlichen Witzes – Doch das beiseite, Kalb – Sie sprachen also schon mit dem Herzog?
Hofmarschall (wichtig). Zwanzig Minuten und eine halbe.
Präsident. Das gesteh' ich! – und wissen wir also ohne Zweifel eine wichtige Neuigkeit?
Hofmarschall (ernsthaft, nach einigem Stillschweigen). Seine Durchleucht haben heute einen Merde d'Oye Biber an.
Präsident. Man denke! – Nein, Marschall, so hab' ich doch eine bessere Zeitung für Sie – Daß Lady Milford Majorin von Walter wird, ist Ihnen gewiß etwas Neues?
Hofmarschall. Denken Sie! – Und das ist schon richtig gemacht?
Präsident. Unterschrieben, Marschall – und Sie verbinden mich, wenn Sie ohne Aufschub dahin gehen, die Lady auf seinen Besuch präparieren und den Entschluß meiner Ferdinands in der ganzen Residenz bekannt machen.
Hofmarschall (entzückt). O mit tausend Freuden, mein Bester! – Was kann mir erwünschter kommen? – Ich fliege sogleich – (Umarmt ihn.) Leben Sie wohl – in drei Viertelstunden weiß es die ganze Stadt. (Hüpft hinaus.)
Präsident (lacht dem Marschall nach). Man sage noch, daß diese Geschöpfe in der Welt zu nichts taugen – – Nun muß ja mein Ferdinand wollen, oder die ganze Stadt hat gelogen. (Klingelt – Wurm kommt.) Mein Sohn soll hereinkommen. (Wurm geht ab, der Präsident auf und nieder, gedankenvoll.)