Der Freischütz: Erster Aufzug - II. Terzett mit Chor: Oh diese Sonne by Carl Maria von Weber Lyrics
Vorige, KUNO, KASPAR, Jäger mit Büchsen und Jagdspießen.
KUNO:
Was gibt's hier! Pfui! Dreißig über Einen! Wer untersteht sich, meinen Jägerburschen anzutasten?
KILIAN:
(von Max losgelassen, aber immer noch furchtsam)
Alles in Alles in Güte und Liebe, werter Herr Erbförster, gar nicht böse gemeint! Es ist Herkommen bei uns, dass, wer stets gefehlt hat, vom Königsschuss ausgeschlossen und dann ein wenig gehänselt wird - Alles in Güte und Liebe.
KUNO:
(heftig)
Stets gefehlt? Wer? Wer hat das?
KILIAN:
Es ist freilich arg, wenn der Bauer einmal über den Jäger kommt, aber fragt ihn nur selbst.
MAX: Ich kann's nicht leugnen, ich habe nie getroffen.
KASPAR:
(für sich)
Dank Samiel!
KUNO:
Max! Max! Ist's möglich? Du sonst der beste Schütz' weit und breit! Seit vier Wochen hast du keine Feder nach Hause gebracht, und auch jetzt? Pfui der Schande!
KASPAR:
Glaube mir, Kamerad, es ist, wie ich gesagt habe: Es hat dir jemand einen Waidmann gesetzt, und den musst du lösen, oder du triffst keine Klaue.
KUNO: Possen!
KASPAR:
Das meine ich eben, so etwas ist leicht gemacht, lass dir raten, Kamerad! Geh am nächsten Freitag auf einen Kreuzweg, zieh' mit dem Jagdspieß oder einem blutigen Degen einen Kreis um dich und rufe dreimal den Namen -
KUNO:
Schweig'! Vorlauter Bube! Ich kenne dich längst. Du bist ein Tagedieb, ein Schlemmer, ein falscher Würfler; hüte dich, dass ich nicht noch Ärgeres von dir denke. - Kein Wort, oder du hast auf der Stelle den Abschied! Aber auch du Max, sieh' dich vor! So gewogen ich dir bin, so sehr es mich freut, dass der Herr Fürst Sohnesrecht auf den Eidam übertragen will - fehlst du morgen beim Probeschuss, so ist dennoch Mädchen und Dienst für dich verloren.
MAX:
Morgen? Morgen schon?
EIN JÄGER:
Was ist eigentlich mit dem Probeschuss? Schon oft haben wir davon gehört.
KILIAN:
Ja, auch wir, aber noch niemand hat uns die wahre Bewandtnis zu sagen gewusst.
KUNO:
Meinetwegen! Zum Hoflager kommen wir noch zeitig genug. -
Mein Urältervater, der noch im Forsthause abgebildet steht, hieß Kuno, wie ich, und war fürstlicher Leibschütz. Einst bei der Jagd trieben die Hunde einen Hirsch heran, auf welchem ein Mensch angeschmiedet war - so grausam bestrafte man in jenen Zeiten die Waldfrevler. Dieser Anblick erregte das Mitleid des damaligen Fürsten. Er versprach demjenigen, welcher den Hirsch erlege, ohne den Missetäter zu verwunden, eine Erbförsterei und zur Wohnung das nah gelegene Waldschlösschen. Der wackere Leibschütz, mehr aus eigenem Erbarmen als wegen der großen Verheißung - besann sich nicht lange, er legte an - Der Hirsch stürzte, und der Wilddieb blieb unversehrt.
DIE WEIBER:
Gott sei Dank! Der arme Wilddieb!
DIE MÄNNER:
Brav! Brav! Das war ein Meisterschuss!
KASPAR:
Oder ein Glücksfall, wenn nicht gar -
MAX:
Ich möchte der Kuno gewesen sein.
(Starrt zu Boden und versinkt in Gedanken)
KUNO:
Auch mein Urvater freute sich sehr über die Rettung des Unglücklichen, und der Fürst erfüllte in allem seine Zusage.
KILIAN:
So? Also davon schreibt sich der Probeschuss her! Nachbarn und Freunde, nun weiß man's doch auch!
KUNO:
Hört noch das Ende - Es ging damals wie jetzt (mit einem Blick auf Kaspar) dass der böse Feind immer Unkraut unter den Weizen säet. Kunos Neider wussten es an den Fürsten zu bringen, der Schuss sei mit Zauberei geschehen, Kuno habe nicht gezielt, sondern eine Freikugel geladen.
KASPAR:
Dacht' ich's doch.
(Für sich)
Hilf Samiel!
KILIAN:
(zu einigen Bauern)
Eine Freikugel? Das sind Schlingen des bösen Feindes; meine Großmutter hat mir das einmal erklärt. Sechse treffen, aber die siebente gehört dem Bösen, der kann sie hinführen, wohin's ihm beliebt.
KASPAR:
Alfanzerei! Nichts als Naturkräfte!
KUNO:
Aus diesem Grunde machte der Fürst bei der Stiftung den Zusatz: »Dass jeder von Kunos Nachfolgern, solle er Erbförster werden, zuvor einen Probeschuss ablege.« Ich meinerseits habe eine Kaisertaler von einem Reißlein geschossen, was unser gnäd'ger Herr dem Max morgen geben wird - wer kann's wissen? Doch nun genug. (Zu den Jägern, die mit ihm gekommen) Wir wollen uns wieder auf den Weg machen! Du aber, Max, magst noch einmal zu Hause nachsehen, ob sämtliche Treibleute angelangt sind -Du solltest mich dauern, guter Bursch. Nimm dich zusammen, der Waidmann, der dir gesetzt ist, ist die Liebe. Noch vor Sonnenaufgang erwarte ich dich beim Hoflager.
Allegro moderato
MAX:
Oh diese Sonne, furchtbar steigt sie mir empor!
KUNO:
Leid oder Wonne, beides ruht in deinem Rohr!
MAX:
Ach, ich muss verzagen, dass der Schuss gelingt!
KUNO:
Dann musst du entsagen!
Leid oder Wonne, beides ruht in deinem Rohr!
KASPAR:
(zu MAX heimlich)
Nur ein keckes Wagen ist's, was Glück erringt!
MAX:
Agathen entsagen, wie könnt' ich's ertragen.
Doch mich verfolget Missgeschick!
Bauern, KILIAN und Jäger:
Seht, wie düster ist sein Blick!
Ahnung scheint ihn zu durchbeben!
KUNO, Bauern, KILIAN und Jäger:
(KUNO zu MAX)
Oh lass Hoffnung dich beleben, und vertraue dem Geschick!
MAX:
Weh' mir! Mich verließ das Glück!
Unsichtbare Mächte grollen, bange Ahnung füllt die Brust; nimmer trüg' ich den Verlust.
KUNO:
So's des Himmels Mächte wollen, dann trag' männlich den Verlust.
Bauern, KILIAN und Jäger:
Nein! Er trüg nicht den Verlust!
KASPAR:
Mag Fortunas Kugel rollen! Wer sich höh'rer Kraft bewusst, trotzt dem Wechsel und Verlust!
CUNO:
(fasst Max bei der Hand)
Sohn! Nur Mut! Wer Gott vertraut, baut gut!
(zu den Jägern)
Jetzt auf! In Bergen und Klüften tobt morgen der freudige Krieg.
Jäger:
Das Wild in Fluren und Triften, der Aar in Wolken und Lüften ist unser und unser der Sieg!
Bauern:
Lasst lustig die Hörner erschallen!
Jäger:
Wir lassen die Hörner erschallen!
Alle (außer MAX)
Wenn wiederum Abend ergraut, soll Echo und Felsenwand hallen. Sa! Hussa! Dem Bräut'gam, der Braut!
KUNO mit KASPAR und den Jägern links ab.
KUNO:
Was gibt's hier! Pfui! Dreißig über Einen! Wer untersteht sich, meinen Jägerburschen anzutasten?
KILIAN:
(von Max losgelassen, aber immer noch furchtsam)
Alles in Alles in Güte und Liebe, werter Herr Erbförster, gar nicht böse gemeint! Es ist Herkommen bei uns, dass, wer stets gefehlt hat, vom Königsschuss ausgeschlossen und dann ein wenig gehänselt wird - Alles in Güte und Liebe.
KUNO:
(heftig)
Stets gefehlt? Wer? Wer hat das?
KILIAN:
Es ist freilich arg, wenn der Bauer einmal über den Jäger kommt, aber fragt ihn nur selbst.
MAX: Ich kann's nicht leugnen, ich habe nie getroffen.
KASPAR:
(für sich)
Dank Samiel!
KUNO:
Max! Max! Ist's möglich? Du sonst der beste Schütz' weit und breit! Seit vier Wochen hast du keine Feder nach Hause gebracht, und auch jetzt? Pfui der Schande!
KASPAR:
Glaube mir, Kamerad, es ist, wie ich gesagt habe: Es hat dir jemand einen Waidmann gesetzt, und den musst du lösen, oder du triffst keine Klaue.
KUNO: Possen!
KASPAR:
Das meine ich eben, so etwas ist leicht gemacht, lass dir raten, Kamerad! Geh am nächsten Freitag auf einen Kreuzweg, zieh' mit dem Jagdspieß oder einem blutigen Degen einen Kreis um dich und rufe dreimal den Namen -
KUNO:
Schweig'! Vorlauter Bube! Ich kenne dich längst. Du bist ein Tagedieb, ein Schlemmer, ein falscher Würfler; hüte dich, dass ich nicht noch Ärgeres von dir denke. - Kein Wort, oder du hast auf der Stelle den Abschied! Aber auch du Max, sieh' dich vor! So gewogen ich dir bin, so sehr es mich freut, dass der Herr Fürst Sohnesrecht auf den Eidam übertragen will - fehlst du morgen beim Probeschuss, so ist dennoch Mädchen und Dienst für dich verloren.
MAX:
Morgen? Morgen schon?
EIN JÄGER:
Was ist eigentlich mit dem Probeschuss? Schon oft haben wir davon gehört.
KILIAN:
Ja, auch wir, aber noch niemand hat uns die wahre Bewandtnis zu sagen gewusst.
KUNO:
Meinetwegen! Zum Hoflager kommen wir noch zeitig genug. -
Mein Urältervater, der noch im Forsthause abgebildet steht, hieß Kuno, wie ich, und war fürstlicher Leibschütz. Einst bei der Jagd trieben die Hunde einen Hirsch heran, auf welchem ein Mensch angeschmiedet war - so grausam bestrafte man in jenen Zeiten die Waldfrevler. Dieser Anblick erregte das Mitleid des damaligen Fürsten. Er versprach demjenigen, welcher den Hirsch erlege, ohne den Missetäter zu verwunden, eine Erbförsterei und zur Wohnung das nah gelegene Waldschlösschen. Der wackere Leibschütz, mehr aus eigenem Erbarmen als wegen der großen Verheißung - besann sich nicht lange, er legte an - Der Hirsch stürzte, und der Wilddieb blieb unversehrt.
DIE WEIBER:
Gott sei Dank! Der arme Wilddieb!
DIE MÄNNER:
Brav! Brav! Das war ein Meisterschuss!
KASPAR:
Oder ein Glücksfall, wenn nicht gar -
MAX:
Ich möchte der Kuno gewesen sein.
(Starrt zu Boden und versinkt in Gedanken)
KUNO:
Auch mein Urvater freute sich sehr über die Rettung des Unglücklichen, und der Fürst erfüllte in allem seine Zusage.
KILIAN:
So? Also davon schreibt sich der Probeschuss her! Nachbarn und Freunde, nun weiß man's doch auch!
KUNO:
Hört noch das Ende - Es ging damals wie jetzt (mit einem Blick auf Kaspar) dass der böse Feind immer Unkraut unter den Weizen säet. Kunos Neider wussten es an den Fürsten zu bringen, der Schuss sei mit Zauberei geschehen, Kuno habe nicht gezielt, sondern eine Freikugel geladen.
KASPAR:
Dacht' ich's doch.
(Für sich)
Hilf Samiel!
KILIAN:
(zu einigen Bauern)
Eine Freikugel? Das sind Schlingen des bösen Feindes; meine Großmutter hat mir das einmal erklärt. Sechse treffen, aber die siebente gehört dem Bösen, der kann sie hinführen, wohin's ihm beliebt.
KASPAR:
Alfanzerei! Nichts als Naturkräfte!
KUNO:
Aus diesem Grunde machte der Fürst bei der Stiftung den Zusatz: »Dass jeder von Kunos Nachfolgern, solle er Erbförster werden, zuvor einen Probeschuss ablege.« Ich meinerseits habe eine Kaisertaler von einem Reißlein geschossen, was unser gnäd'ger Herr dem Max morgen geben wird - wer kann's wissen? Doch nun genug. (Zu den Jägern, die mit ihm gekommen) Wir wollen uns wieder auf den Weg machen! Du aber, Max, magst noch einmal zu Hause nachsehen, ob sämtliche Treibleute angelangt sind -Du solltest mich dauern, guter Bursch. Nimm dich zusammen, der Waidmann, der dir gesetzt ist, ist die Liebe. Noch vor Sonnenaufgang erwarte ich dich beim Hoflager.
Allegro moderato
MAX:
Oh diese Sonne, furchtbar steigt sie mir empor!
KUNO:
Leid oder Wonne, beides ruht in deinem Rohr!
MAX:
Ach, ich muss verzagen, dass der Schuss gelingt!
KUNO:
Dann musst du entsagen!
Leid oder Wonne, beides ruht in deinem Rohr!
KASPAR:
(zu MAX heimlich)
Nur ein keckes Wagen ist's, was Glück erringt!
MAX:
Agathen entsagen, wie könnt' ich's ertragen.
Doch mich verfolget Missgeschick!
Bauern, KILIAN und Jäger:
Seht, wie düster ist sein Blick!
Ahnung scheint ihn zu durchbeben!
KUNO, Bauern, KILIAN und Jäger:
(KUNO zu MAX)
Oh lass Hoffnung dich beleben, und vertraue dem Geschick!
MAX:
Weh' mir! Mich verließ das Glück!
Unsichtbare Mächte grollen, bange Ahnung füllt die Brust; nimmer trüg' ich den Verlust.
KUNO:
So's des Himmels Mächte wollen, dann trag' männlich den Verlust.
Bauern, KILIAN und Jäger:
Nein! Er trüg nicht den Verlust!
KASPAR:
Mag Fortunas Kugel rollen! Wer sich höh'rer Kraft bewusst, trotzt dem Wechsel und Verlust!
CUNO:
(fasst Max bei der Hand)
Sohn! Nur Mut! Wer Gott vertraut, baut gut!
(zu den Jägern)
Jetzt auf! In Bergen und Klüften tobt morgen der freudige Krieg.
Jäger:
Das Wild in Fluren und Triften, der Aar in Wolken und Lüften ist unser und unser der Sieg!
Bauern:
Lasst lustig die Hörner erschallen!
Jäger:
Wir lassen die Hörner erschallen!
Alle (außer MAX)
Wenn wiederum Abend ergraut, soll Echo und Felsenwand hallen. Sa! Hussa! Dem Bräut'gam, der Braut!
KUNO mit KASPAR und den Jägern links ab.